Gute Nachrichten für die Bildungsbranche:
Die EU hat im Oktober 2022 den Startschuss für das Europäische Jahr der Kompetenzen 2023 gegeben.
In der Pressemitteilung der EU-Kommission heißt es dazu im Einzelnen:
Wie in ihrer Rede zur Lage der Union 2022 von Präsidentin Ursula von der Leyen angekündigt, hat die Kommission heute ihren Vorschlag angenommen, 2023 zum auf die Aus- und Weiterbildung ausgerichteten Europäischen Jahr der Kompetenzen auszurufen.
Der ökologische und der digitale Wandel eröffnen den Menschen und der EU-Wirtschaft neue Chancen. Mit den entsprechenden Kompetenzen werden die Menschen in die Lage versetzt, Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt erfolgreich zu bewältigen und uneingeschränkt an Gesellschaft und Demokratie teilzuhaben. So wird sichergestellt, dass niemand zurückgelassen wird und die wirtschaftliche Erholung sowie der ökologische und der digitale Wandel sozialverträglich und gerecht sind. Arbeitskräfte mit den nachgefragten Kompetenzen tragen darüber hinaus zu nachhaltigem Wachstum bei, führen zu mehr Innovation und verbessern die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen.
Derzeit berichten jedoch mehr als drei Viertel der Unternehmen in der EU über Schwierigkeiten bei der Suche nach qualifizierten Arbeitskräften, und die jüngsten Eurostat-Zahlen deuten darauf hin, dass sich nur 37 % der Erwachsenen regelmäßig weiterbilden. Der Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft zeigt, dass vier von zehn Erwachsenen und jede dritte Arbeitskraft in Europa nicht über die grundlegenden digitalen Kompetenzen verfügen. Bereits 2021 wurde zudem in 28 Berufen – vom Baugewerbe über das Gesundheitswesen bis hin zum Ingenieurwesen und zur IT – über einen Arbeitskräftemangel geklagt, was eine wachsende Nachfrage sowohl nach hoch qualifizierten als auch nach gering qualifizierten Arbeitskräften aufzeigt. Außerdem ist der Anteil von Frauen in technikbezogenen Berufen und Studiengängen niedrig: Nur ein Sechstel der IT-Fachkräfte und nur ein Drittel der Absolventen von Studiengängen der Bereiche Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) sind Frauen.
Zur Förderung des lebenslangen Lernens haben die Mitgliedstaaten die bis 2030 anvisierten sozialpolitischen Ziele der EU gebilligt, wonach jedes Jahr mindestens 60 % der Erwachsenen an Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen sollten, und bereits ihren nationalen Beitrag zur Erreichung dieses Ziels vorgelegt. Dies ist auch wichtig, um das Ziel einer Beschäftigungsquote von mindestens 78 % bis 2030 zu erreichen. Im Digitalen Kompass 2030 ist das EU-Ziel festgelegt, dass bis zum Jahr 2030 mindestens 80 % aller Erwachsenen über grundlegende digitale Kompetenzen verfügen und in der EU 20 Millionen IKT-Fachkräfte beschäftigt sein sollten; gleichzeitig sollten mehr Frauen zu einer solchen Tätigkeit motiviert werden.
Europäisches Jahr der Kompetenzen – Förderung von Wettbewerbsfähigkeit, Teilhabe und Talenten
Mit dem auf Aus- und Weiterbildung ausgerichteten Europäischen Jahr der Kompetenzen schlägt die Kommission in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament, den Mitgliedstaaten, den Sozialpartnern, öffentlichen und privaten Arbeitsvermittlungsstellen, Industrie- und Handelskammern, Einrichtungen der allgemeinen und beruflichen Bildung, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie Unternehmen vor, dem lebenslangen Lernen neue Impulse zu verleihen durch
- die Förderung verstärkter, wirksamerer und inklusiver ausgerichteter Investitionen in die Aus- und Weiterbildung, um das volle Potenzial der Arbeitskräfte in Europa zu nutzen und die Menschen beim Übergang von einem Arbeitsplatz zum nächsten zu unterstützen;
- die Gewährleistung arbeitsmarktrelevanter Kompetenzen, auch in Zusammenarbeit mit Sozialpartnern und Unternehmen;
- die Abstimmung der Ziele, Wünsche und Kompetenzen der Menschen auf die auf dem Arbeitsmarkt gebotenen Chancen, insbesondere diejenigen, die sich aus dem ökologischen und dem digitalen Wandel und der wirtschaftlichen Erholung ergeben. Ein besonderer Schwerpunkt wird darauf liegen, mehr Menschen, insbesondere Frauen und junge Menschen und vor allem diejenigen, die weder arbeiten, noch eine Schule besuchen oder eine Ausbildung absolvieren, auf den Arbeitsmarkt zu bringen;
- die Anwerbung von Drittstaatsangehörigen mit den in der EU benötigten Kompetenzen, unter anderem durch bessere Lernangebote, die Stärkung der Mobilität sowie die leichtere Anerkennung von Qualifikationen.
Zur Verwirklichung dieser Ziele wird die Kommission Weiterbildungs- und Umschulungsmöglichkeiten fördern, beispielsweise indem sie auf entsprechende EU-Initiativen, einschließlich der jeweiligen Finanzierungshilfen, hinweist, mit denen die Inanspruchnahme, Durchführung und Erzielung von Ergebnissen vor Ort unterstützt werden. Darüber hinaus werden EU-weit Veranstaltungen und Sensibilisierungskampagnen organisiert, um für das Voneinanderlernen der Weiterbildungs- und Umschulungspartner zu werben. Das vorgeschlagene Aktionsjahr soll auch dazu beitragen, Instrumente zur Erfassung von Daten über Kompetenzen sowie Instrumente für mehr Transparenz und eine einfachere Anerkennung von – auch außerhalb der EU erworbener – Qualifikationen weiterzuentwickeln.
Um die Koordinierung der einschlägigen Tätigkeiten auf nationaler Ebene zu gewährleisten, fordert die Kommission die Mitgliedstaaten auf, einen nationalen Koordinator für das Europäische Jahr der Kompetenzen zu benennen.
EU-Initiativen zur Förderung der Kompetenzentwicklung
Für das Europäische Jahr der Kompetenzen können wir auf den zahlreichen bereits laufenden EU-Initiativen zur Förderung der Kompetenzen und des Kompetenzerwerbs aufbauen:
- Die Europäische Kompetenzagenda bildet den Rahmen für die kompetenzbezogene Zusammenarbeit in der EU und wird Einzelpersonen und Unternehmen weiterhin dabei unterstützen, sich mehr und bessere Kompetenzen anzueignen und diese einzusetzen.
- Dem Kompetenzpakt im Rahmen der Kompetenzagenda haben sich bislang mehr als 700 Organisationen angeschlossen, und es wurden zwölf groß angelegte Partnerschaften in strategischen Sektoren geschlossen, die die Weiterbildung von bis zu 6 Millionen Menschen zugesagt haben.
- Die Kommission hat mit den Mitgliedstaaten einen strukturierten Dialog über digitale Bildung und digitale Kompetenzen aufgenommen.
- Die Kommission hat außerdem neue Initiativen vorgeschlagen, um den Fachkräftemangel in der EU zu beheben und die Zusammenarbeit im Bereich Migration zu verbessern. Die Einführung eines EU-Talentpools und von Fachkräftepartnerschaften mit ausgewählten Drittlandspartnern wird dazu beitragen, die Kompetenzen der an einer Erwerbstätigkeit in Europa Interessierten auf den Bedarf des Arbeitsmarktes abzustimmen. Dabei handelt es sich um ein zentrales Ziel im Rahmen des neuen Migrations- und Asylpakets.
- Die im Juli angenommene neue europäische Innovationsagenda beinhaltet eine Leitinitiative sowie eine Reihe von Maßnahmen, durch die für unsere Talente ein förderliches Umfeld geschaffen werden soll.
- In der im Januar angenommenen europäischen Hochschulstrategie werden insgesamt 50 Maßnahmen vorgeschlagen, die bei einem breiten Spektrum von Lernenden, einschließlich lebenslang Lernender, entscheidend zur Entwicklung hochwertiger und zukunftssicherer Kompetenzen beitragen und sie zu Menschen mit kreativem und kritischem Denkvermögen und Problemlösungskompetenz sowie zu aktiven und verantwortungsbewussten Bürgerinnen und Bürgern machen.
- Die europäische Plattform für digitale Kompetenzen und Arbeitsplätze ist eine Initiative im Rahmen der Fazilität Connecting Europe. Sie bietet Informationen und Ressourcen zu digitalen Kompetenzen wie etwa ein Instrument zur Selbstbewertung der digitalen Kompetenzen sowie Schulungs- und Finanzierungsmöglichkeiten.
- Mit der EU-Koalition für digitale Kompetenzen und Arbeitsplätze wird die bei den digitalen Kompetenzen verzeichnete Kluft angegangen, indem Mitgliedstaaten, Sozialpartner, Unternehmen, gemeinnützige Organisationen und Bildungsanbieter zusammengebracht werden, um das Bewusstsein zu schärfen und um Organisationen zu ermutigen, verschiedene Maßnahmen zur Förderung der Vermittlung digitaler Kompetenzen zu ergreifen, z. B. die Planung einer Digitalkompetenzinitiative.
EU-Mittel und EU-Unterstützung für Investitionen in Kompetenzen
Es stehen EU-Mittel in beträchtlichem Umfang sowie technische Unterstützung zur Verfügung, um die Investitionen der Mitgliedstaaten in Weiterbildung und Umschulung zu fördern:
- Der Europäische Sozialfonds Plus (ESF+) ist mit einem Budget von über 99 Mrd. EUR für den Zeitraum 2021–2027 das wichtigste Instrument der EU für Investitionen in Menschen.
- Im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität können Reformen und Investitionen der Mitgliedstaaten, auch in den Bereichen Kompetenzen und Beschäftigung, unterstützt werden. In den bislang von der Kommission und dem Rat gebilligten nationalen Aufbau- und Resilienzplänen sind rund 20 % der Sozialausgaben für den Bereich „Beschäftigung und Kompetenzen“ bestimmt.
- Das Programm Digitales Europa, in dessen Rahmen strategische Finanzmittel bereitgestellt werden und unter anderem die Entwicklung eines qualifizierten Talentpools digitaler Experten unterstützt und gleichzeitig die Zusammenarbeit zwischen den EU-Mitgliedstaaten und Interessenträgern im Bereich digitale Kompetenzen und Arbeitsplätze verbessert wird, verfügt über 580 Mio. EUR für die Entwicklung fortgeschrittener digitaler Kompetenzen.
- Mit Horizont Europa werden die Kompetenzen von in der Forschung sowie unternehmerisch und innovatorisch tätigen Menschen gestärkt, insbesondere durch die Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen, den Europäischen Innovationsrat und das Europäische Technologieinstitut.
- Aus dem Programm Erasmus+ werden mit einem Budget von 26,2 Mrd. EUR unter anderem die persönliche und berufliche Entwicklung von Lernenden und Bediensteten sowie Einrichtungen der beruflichen Aus- und Weiterbildung durch die Finanzierung von Mobilitätsaktivitäten und Partnerschaften für die europaweite Zusammenarbeit unterstützt. Darüber hinaus erhalten europäische Hochschulen, die bei der Entwicklung von Microcredentials für Ausbildung, Weiterbildung und Umschulung eine Vorreiterrolle einnehmen, Mittel aus dem Programm.
Weitere Programme zur Förderung der Kompetenzentwicklung sind das Programm InvestEU, der Europäische Fonds für die Anpassung an die Globalisierung zugunsten entlassener Arbeitnehmer, der Europäische Fonds für regionale Entwicklung, der Fonds für einen gerechten Übergang, das Europäische Solidaritätskorps, das Programm für Umwelt- und Klimapolitik (LIFE), der Modernisierungsfonds, das Instrument für technische Unterstützung und das Instrument für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit.
Stellungnahmen aus dem Kommissionskollegium:
Die für das Ressort „Ein Europa für das digitale Zeitalter“ zuständige Exekutiv-Vizepräsidentin Margrethe Vestager erklärte: „Kompetenzen sind eine wesentliche Voraussetzung, wenn wir die Technologie zielgerichtet einsetzen wollen. Wir als Bürgerinnen und Bürger benötigen die entsprechenden Kenntnisse, um die digitalen Aspekte unseres Lebens – etwa die Bezahlung von Rechnungen, die Beantragung von Parkausweisen usw. – bewältigen zu können. Damit technologische Lösungen, die uns in unserem Alltag helfen, entwickelt werden können, braucht es Fachwissen. Wir haben uns Ziele gesetzt, nun müssen wir zur Tat schreiten. Das Europäische Jahr wird uns gezielt dabei helfen, die Lernkompetenz der Menschen zu fördern.“
Der für die Förderung unserer europäischen Lebensweise zuständige Vizepräsident Margaritis Schinas sagte dazu: „Unsere Union ist ein weltweit einzigartiger Raum der Freiheit, der Werte, der Chancen und der Solidarität. Die Anwerbung von Menschen mit den in der EU nachgefragten Kompetenzen, unter anderem durch eine leichtere Anerkennung ihrer Qualifikationen, wird eine zentrale Priorität des Europäischen Jahres der Kompetenzen sein. Außerdem können in Europa erworbene Kompetenzen auf andere Länder übertragen werden, und Europa kann eine wichtige Rolle dabei spielen, dass Wissen und neue Kenntnisse dorthin gelangen, wo sie am dringendsten benötigt werden.“
EU-Kommissar für Beschäftigung und Soziales Nicolas Schmit ergänzte: „Kompetenzen bedeuten Arbeitsplätze, hochwertige Arbeitsplätze. Während des Europäischen Jahres der Kompetenzen haben wir die Gelegenheit, durch arbeitsmarktorientierte Ausbildung den Arbeitskräftemangel anzugehen. Um sicherzustellen, dass der Übergang zu einer CO2-neutralen Wirtschaft wirklich gerecht und inklusiv ist, müssen wir massiv und unverzüglich in die Kompetenzen der Menschen investieren. Ich bin zuversichtlich, dass die Ausrufung des Jahres 2023 zum Europäischen Jahr der Kompetenzen erheblich dazu beitragen wird, die Revolution im Kompetenzbereich, die wir in Europa brauchen, voranzutreiben.“
Die EU-Kommissarin für Innovation, Forschung, Kultur, Bildung und Jugend, Mariya Gabriel, fügte hinzu: „Auf der Grundlage der Erfolge des Europäischen Jahres der Jugend 2022 wird es im kommenden Jahr darum gehen, die Menschen mit arbeitsmarktrelevanten Kompetenzen auszustatten. Dies geht Hand in Hand mit Ausbildungsmaßnahmen. Mit dem Europäischen Jahr der Kompetenzen werden wir eine verstärkte, effizientere und inklusivere Finanzierung von Umschulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen sowie die Ausbildung unterstützen, um sicherzustellen, dass unsere Talente ihr volles Potenzial entfalten können.“
Der für den Binnenmarkt zuständige Kommissar Thierry Breton führte weiter aus: „Die Stärke Europas liegt in seinen Talenten, auch in den Bereichen Ingenieurwesen, Forschung und Unternehmertum. Um unsere Ziele für die digitale Dekade und den Grünen Deal zu erreichen, wollen wir unsere Unternehmen, insbesondere KMU, bei der Einstellung, Schulung und Bindung von Talenten unterstützen. Wir schließen Kompetenzpartnerschaften in den verschiedensten Bereichen der Industrie, vom Automobilsektor über die Luft- und Raumfahrt bis hin zum Tourismus. Das Europäische Jahr der Kompetenzen wird die europäische Kompetenzoffensive weiter intensivieren.“
Nächste Schritte
Das Europäische Parlament und der Rat werden den Vorschlag der Kommission nun unter Berücksichtigung der Stellungnahmen des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses und des Ausschusses der Regionen erörtern.
Hintergrund
Präsidentin von der Leyen schlug in ihrer Rede zur Lage der Union 2022 vor, 2023 zum auf die Aus- und Weiterbildung ausgerichteten Europäischen Jahr der Kompetenzen auszurufen, mit dem Ziel, unsere Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, unsere Investitionen gezielter auszurichten, mit Unternehmen zusammenzuarbeiten und diese Notwendigkeiten besser mit den Zielen und Wünschen der Menschen in Einklang zu bringen sowie Talente für unseren Kontinent zu gewinnen. Der Vorschlag für ein Europäisches Jahr der Kompetenzen ist auch in der Absichtserklärung zur Lage der Union als Initiative für 2023 aufgeführt.
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